Pietistische und methodistische Einflüsse
im Frankreich
des 19. Jahrhunderts

Zweifellos haben die Erweckungsbewegungen die Erneuerung des französichen Protestantismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Süden Frankreichs wie auch im Norden und in Paris bestimmt.

Die von Pietismus und Methodismus beeinflusste französische Erweckung

  • Henri Pyt (1796-1835) © Société Évangélique de Genève

Diese Bewegungen sind sowohl von den Pfarrern der Genfer Erweckungsbewegung (Daniel Encontre und Henri Pyt) als auch von den Pfarrern des englischen Methodismus (Charles Cook) stark angeregt und großzügig unterstützt worden. Beide Bewegungen hatten besonders aktive Missionsarbeit an der Fakultät von Montauban und in den Gemeinden der dort ausgebildeten Pfarrer geleistet.

Diese Vorherrschaft der Erweckungsbewegungen innerhalb des neuerwachenden französischen Protestantismus war von vornherein nicht selbstverständlich. Liberalere Optionen wären als Folge der Philosophie der Aufklärung möglich gewesen. Im 18. Jahrhundert standen die Protestanten der Schweiz, Deutschlands und Englands ihrerseits mitten in intensiven Auseinandersetzungen über die Lehre der Dreifaltigkeit,

der Prädestination und der Gnade. Diese Debatten waren bereits im 17. Jahrhundert der Grund der pietistischen Abspaltung gewesen. Die Pietisten wollten das gemeinsame evangelische Anliegen im gesamten täglichen Leben viel konkreter bekennen, auch seine Modernisierung. Unter dem Einfluss der Philosophie der Aufklärung befürchteten Pietisten und Methodisten eine zu starke liberale Abweichung. Im 19. Jahrhundert fanden diese in Frankreich günstige Bedingungen für ihre Missionsarbeit.

Die dogmatischen Auseinandersetzungen rückten im 18. Jahrhundert in den Hintergrund

Einerseits befanden sich viele französische Protestanten während der Zeit der Widerrufung des Edikts von Nantes weit entfernt von den dogmatischen Streitigkeiten. Einige unter ihnen, die in Frankreich geblieben waren, wurden Quäker, weil diese englische Gemeinschaft die Katholiken aufnahm, die sie gezwungenermaßen waren. Unter diesen Umständen waren die dogmatischen Aspekte unwichtig. Nachdem sie das Désert überlebt hatten, hatten die französischen Protestanten im allgemeinen wenige Vorurteile.

Andererseits ist es wahrscheinlich, dass die Protestanten ein gewisses Misstrauen gegenüber der Religionspolitik der französischen Revolution verspürten. Warum hatte „die Tochter der Aufklärung“ einigen von ihnen verfolgt ?

Die Unterstützung durch die Genfer und die englische Auslandsmission

Hinsichtlich der wichtigsten Identitätsmerkmale gab es also nach dem Konkordat viele Zögerungsgründe. Die Auslandsmissionen von Genf und England ermöglichten es, zumal sie finanzielle Unterstützung leisteten, diese Gründe zugunsten der Erweckung zu beheben. Man muss hinzufügen, dass sich die Protestanten diese Hilfe zu Nutze machten und für sich selbst die Bedingungen schufen für eine neue Debatte über die Lehre.

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